Historisches
Ketzin, am Ostufer der Havel, im Havelländischen Luch gelegen, wurde schon 1197 als „villa Cosetzyn“ erwähnt und 1255 bereits als oppidum (Marktflecken) bezeichnet. Für das Jahr 1424 ist erstmals die Abhaltung eines Marktes bezeugt. Die St. Petri-Kirche zu Ketzin wurde zwischen 1150 und 1180 in Form einer Wehrkirche gebaut und dem Apostel Petrus geweiht. Erwähnt wird die Kirche bereits in der Urkunde des Markgrafen Otto II. von 1197. Von ihrer einstigen Gestalt ist jedoch nur noch der Kirchturm, ursprünglich ein Wehrturm, erhalten. Wie er, hatte wohl die ganze Anlage einen wehrhaften Charakter. Wer die Albrechtstraße Richtung Havel entlang wandert, wird als südliche Kirchhofbegrenzung noch die alte von Bögen unterfangene Mauer erkennen. Aus Ziegelsteinen im sogenannten Klosterformat errichtet und durch das gewachsene Bodenniveau heute zur Hälfte in der Erde verschwunden, lässt sich die Schutz und Wehrfunktion noch gut erahnen. Der Name „St. Petri“, benannt nach dem Apostel Petrus, dem Schutzpatron der Fischer und Schiffer, weist auf eine für unsere Landschaft sehr frühe Entstehung der Kirche hin, etwa vor 1150. Nach dieser Zeit wurden am Wasser erbaute Kirchen in aller Regel dem heiligen Nikolaus geweiht. Die ältesten Kirchen in vielen Städten tragen daher den Namen „St. Nikolai“, fortan Schutzpatron der Schiffer und Handelsleute.
Nach Einführung der Reformation wurde 1541 aus der bis dahin katholischen eine evangelische Kirche.
Der Kirchturm, in den Jahren 2001 – 2002 restauriert, ist eines der ältesten Bauwerke Ketzins und erhebt sich seit mehr als 800 Jahren über der Stadt und ist weit ins Havelland hinein sichtbar. Im unteren Drittel besteht das Mauerwerk des Turmes weitgehend aus Feldstein, der Rest aus Backstein im Klosterformat. Den Abschluss bildet ein spätgotischer Turmschaft mit quadratischem Grundriss. Die in etwa 40 Metern Höhe befindliche Wetterfahne zeigt mit der Jahreszahl 1728 das Baujahr des Turmhelms an.
Ihr in der Kirche aufbewahrtes Original zeigt außerdem das Wappen (gekreuzte Schlüssel) und die Initialen des Kirchenpatrons „DCZB“ (Dom Capitel zu Brandenburg) sowie einen Brandenburgischen Adler. Aus einem Reparaturanschlag des Dachdeckermeisters Nicolaus Hertzer vom 23. November 1778 erfahren wir, dass er ursprünglich mit Holzschindeln gedeckt war: „Reparatur des Kirch Thurms in Ketzien, welches auf Befehl E. Hochwürd. Dohm Capitels ist aufgenommen worden, der Thurm ist 24 Fuß in quadrat und ist die Pyramide desselben auf 3 Seiten auf 8 Fuß von unten in Spohn mit etlichen Brettern und auf der 4ten über der Kirche auf 3 Fuß hoch verfaulet. [...] Zum Spohn Kochen muß die Bürgerschaft die Pfanne oder Kessel auch [Brenn-]Holtz darzugeben auch Handreichung bey der Arbeit thun [...]“ Für die Reparatur veranschlagte Hertzer 77 Taler und 17 Groschen. Während einer weiteren Reparatur erhielt der Turm 1836 wohl erstmals eine Schieferdeckung. |
Das segmentbogige Turmportal ist von einer Spitzbogenblende umfasst. Im Turmobergeschoss sind zwischen kleineren Blenden spitzbogige Schallöffnungen angeordnet.
Steigt man die steile, wankende Holztreppe hinauf, sind in dem 1,5 m dicken Mauerwerk noch deutlich die in zwei Etagen angelegten Widerlager erkennbar, auf denen einst die Gewölbe des Armariums, der Wehr- und Waffenkammer, ruhten. Hier wurden in bedrängten Zeiten wertvolle Ausstattungsstücke der Kirche und andere Wertgegenstände verwahrt, Hier fanden auch die Einwohner der umliegenden Hütten eine sichere Zuflucht.
Ähnlich wie der Unterbau des Kirchturms, Mischmauerwerk aus Ziegel und unbehauenen Feldstein, mag auch das ursprüngliche Kirchenschiff ausgesehen haben. Durch die Jahrhunderte stark in Mitleidenschaft gezogen und mit dem Wachsen der Stadt schließlich zu klein geworden, wurde es Mitte des 18. Jahrhunderts durch einen Neubau ersetzt.
Im Jahr 1756 begann man mit einem Neubau. Als die Arbeiten in vollem Gange waren, brach der 7-jährige Krieg über Preußen herein. Erst nach dem Friedensschluss von 1763 konnten sie abgeschlossen und das neue Gebäude in Dienst genommen werden. Es entstand einen sogenannte Saalkirche. Das gut proportionierte Kirchenschiff wurde aus verputztem Mauerwerk über rechteckigem Grundriss errichtet und erhielt ein östlich abgewalmtes, ziegelgedecktes Satteldach. Der dem Turm angeschlossene, von West nach Ost längsgerichtete Saalbau von fünf Achsen Länge und drei Achsen Breite besitzt gesprosste Segmentbogenfenster mit einfachen Putzfaschen und Schlusssteinen Jeweils in der Mitte der Süd- und Nordfassade ist eine Eingangshalle mit Walmdach vorgelagert. |
Der Kanzelaltar stammt aus dem Jahre 1712/13, wurde von dem Ketziner Tischlermeister Christoph Frentsche gestaltet und ist eine solide kunsthandwerkliche Arbeit im Stil des Spätbarocks. Der von paarigen korinthischen Säulen gerahmte Kanzelaltar mit polygonalem Corpus und Schalldeckel wurde aus dem Vorgängerbau übernommen. An der Kanzel sind außer der Luther-Rose drei weitere christliche Symbole dargestellt: Glaube (Bibel), Hoffnung (Anker) und Liebe (Herz). Die Rocaille-Ornamentik wurden offenbar bei der Neuaufstellung 1763 zugefügt. Wer genau hinschaut, entdeckt rechts am Kanzelkorb ein Stundenglas, das noch aus den letzten Jahren des Vorgängerbaus stammt.
Eine 1755 oberhalb des Schalldeckels eingepasste kleine Orgel wurde von den noch erhaltenen spielenden Engelputti „umschwebt“. Die Prospektpfeifen und das vermutlich von Gottlieb Scholtze (1712/13-1782) aus Neuruppin erbaute Werk sind nicht erhalten. |
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Nach einem Brand 1849 fand 1878 eine neue durch Albert Hollenbach (1850-1904) aus Neuruppin erbaute Orgel mit 13 Registern auf zwei Manualen und Pedal auf der Empore an der Westseite des Kirchenschiffes ihren Platz. Ihr spätklassizistischer Prospekt ist mit fünf Rundbogenfeldern, korinthischen Pilastern und Palmettenbekrönungen versehen. |
An der Empore über dem Südeingang ist das Ketziner Stadtwappen zu sehen. Darin sind dargestellt:
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Links - der Knüttepfriemen, Symbol der Fischer (Werkzeug zum Fischernetze knüpfen)
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Mitte - der Bindestock, Symbol der Bauern (Werkzeug zum Binden der Getreidegarben)
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Rechts - der Petri-Schlüssel, Zeichen des Apostel Petrus - der Schutzpatron der Fischer und Schiffer zu der Zeit, als die heutige evangelische Kirche dem Heiligen Petrus geweiht wurde.
Das hölzerne Rokoko-Taufbecken wurde ebenfalls von dem Ketziner Tischlermeister Christoph Frentsche geschaffen. Die Taufschale aus Messing wurde 1662 von dem Kirchenvorsteher Lehmann gestiftet.
Von den ursprünglichen Glocken ist nur noch die älteste Glocke (90 cm) aus dem Jahre 1555 erhalten geblieben. Jene von Nickel (nicht Veit) Dieterich, in Lothringen 1555 in Bronze gegossen, führt die Inschrift: "Ach Gott, hilf uns aus der Not durch Christi Leiden, Sterben und Dot." Zwei weitere Glocken, deren größere (Ø 107 cm) 1820 von Johann Carl Hackenschmidt (1778-1858) in Berlin gegossen wurde, fielen der Beschlagnahme 1917 zum Opfer und eingeschmolzen. Ab 1926 erklangen drei neue Glocken aus Stahlglocken/Eisenhartguß, von denen die größte Glocke später zersprungen war. Im Herbst 2005 konnten dank vieler Spenden die 3 Stahlglocken durch 2 bei Petit & Gebrüder Edelbrock in Gescher/Westfalen gegossene Bronzeglocken ersetzt werden. Die größere (Ø 103) trägt die Inschrift „du bist christus, des lebendigen gottes sohn!“, die kleinere (Ø 81 cm): „du bist petrus und auf diesen felsen will ich meine Gemeinde bauen!“ Zusammen bilden sie ein dreistimmiges Geläut, welches heute wieder weit über die Havel zu hören ist. Die alten Glocken kann man heute ca. 300 m weiter am Rand der Albrechtstraße besichtigen.